Generisches Maskulinum und generisches Femininum – und Menschen mit einem Geschlechtsfetisch

Jürgen Braun spricht Claudia Roth als Frau Präsident an – und die üblichen Grammatiknazis regen sich natürlich darüber auf, dass er einerseits nicht gendert und andererseits „der generische Maskulinum“ sagt.

Ok, er hatte kurz „das generische Maskulinum“ auf dem Schirm und nicht jeder muss alles wissen. Oder wisst ihr, dass es das Wort „böotisch“ gibt? Nein? Ist alt, aber existent. Zuletzt hatte ich das gefunden in einem Lexikon der deutschen Sprache von 1865 mit der Beschreibung „stumpfsinnig, dumm“. Gefällt mir und hat den Weg in meinen Sprachschatz als Archaismus gefunden.

Soweit dazu.

Nun sehe ich das tatsächlich wie Jürgen Braun. Auch meine Töchter sind beispielsweise Patienten (!) beim Arzt (!) und auch eine Frau darf als Kunde (!) angesprochen werden. Auch eine Marlies Krämer, die sich durch alle Instanzen gegen die Sparkasse versucht hat durchzuklagen. Völlig egal, ob hinter dem Patient, dem Arzt oder dem Präsidenten nun ein Mann oder eine Frau steckt.

Also darf auch Merkel als Kanzler und Roth als Präsident des Bundestags bezeichnet werden. Generische Begriffe sind für alle da, das ist ja das schöne, und sie meinen alle mit.

Wer das anders sieht, der möge bitte anfangen, mal die generischen Feminina zu gendern. Ich freue mich schon sehr auf Neologismen zu Koryphäe, Fachkraft, Trantüte, Waise, Person, Fee usw.

Wer wirklich glaubt, dass er eine besondere Anrede braucht, der hat sie nicht mehr alle und sollte sich Hilfe für seine Selbstwahrnehmung und Resilienz suchen. Denn er hat offenbar einen Geschlechtsfetisch, der nicht mehr normal ist.

Ähnlich sehe ich das übrigens, wenn eine Frau meint, ihr Kopftuch nie ablegen zu dürfen und meint, sich in ein Gericht als Richter oder Anwalt damit stellen zu müssen. Wer seine Religion so fundamental auslebt, dass er sein Kopftuch nicht mal für eine Verhandlung wegstecken und Neutralität beweisen kann, der hat in einem öffentlichen Amt (sei es als Lehrer oder Richter oder anderswo) schlicht nicht die geringste Qualifikation für dieses Amt – und sollte sich auch mal um Hilfe bemühen.

(Ich meine, was kommt als nächstes: Richter mit Parteiabzeichen, in Jogginghose oder Sandalen? Die Leute haben doch zu viel Lack gesoffen, seit die Baumärkte wieder offen sind.)

LG

Über Reefa Frostwind

Weltraumpirat. Hauptberuflich.
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2 Antworten zu Generisches Maskulinum und generisches Femininum – und Menschen mit einem Geschlechtsfetisch

  1. Socordia schreibt:

    Das mit dem grammatikalischem Geschlecht aus einem rein logischen Gesichtspunkt alles völlig richtig. Das Problem ist nur, dass die menschliche Psyche halt nicht immer nach rein logischen Gesichtspunkten arbeitet, wie man heute weiß, siehe z.B.:
    https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-gendern-bringt-und-was-nicht/

    Insbesondere die Sprache selbst scheint auch das Denken an sich zu beeinflussen, das finde ich auch hochinteressant: https://www.spektrum.de/frage/beeinflusst-sprache-unser-denken/867091
    Wenn man jetzt den zweiten Artikel mal im Context des ersten Links betrachtet, wird es spannend.

    LG

  2. Reefa Frostwind schreibt:

    Hatte da auch schon mal ein Unsinnsexperiment nach dem Motto:
    -> Kind und Vater haben Unfall,
    -> Chirgurg will Kind nicht operieren,
    -> weil Kind ist dem Chirurgen sein Sohn.

    Und alle debilen Pfeifen so Waaaaas!? Das müssen zwei Väter sein! Nein man, müssen es nicht, ihr denkt halt nur nicht weiter als Penis und Vagina.

    Die menschliche Psyche ist in den allermeisten Fällen schlicht kaputt, aber daran hat die Sprache keinen Anteil. Solange nicht auch feminine Begriffe gegendert werden, es dafür ein vernünftiges und immer funktionierendes Konzept gibt und auch seltsame Unterscheidungen wegfallen (ich sage nur: Mensch ist allgemein, nein Menschin muss sein), trage ich den Unfug nicht mit – und selbst dann sehen manche Sachen noch formal männlich aus wie dieser Phettberg-Schwachsinn: Arzty.

    Ich gebe dem Arzty seinen (!) Kittel. Und schon sieht’s männlich aus. Einfach bei dem bleiben, was man hat und nicht, wie es so treffend von Judith Sevinc Basad und auch Sara Wagenknecht formuliert wurde, immer neue Minderheiten und Opferrollen aufgrund der eigenen Wohlstandsverwahrlosung erfinden.

    LG

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